Die letzten Empfehlungen aus dem Team

Steffen Schroeder: Planck oder Als das Licht seine Leichtigkeit verlor

Lesetipp von Eva Lorenzen - 11.02.2023

Roman, Rowohlt, 22,00 €

Oktober 1944 - Der Physiker Max Planck, 86 Jahre alt, soll einen Beitrag zur Broschüre „Bekenntnis zum Führer" schreiben. Doch das will ihm nicht gelingen, denn einerseits hat er sich noch nie zu Hitler bekannt und andererseits steckt er alle Energie in das Verfassen von Bittbriefen für seinen Sohn Erwin, der als einer der Attentäter vom 20. Juli im Gefängnis auf seinen Prozess vor dem Volksgerichtshof wartet.

Auch seine Schwiegertochter Nelly, die als Ärztin unter Ferdinand Sauerbruch in der Charité  im zerstörten Berlin arbeitet, versucht alles, um Erwins zu erwartende Todesstrafe in eine Gefängnisstrafe umzuwandeln.

Plancks Freund und Kollege Albert Einstein hatte die Katastrophe eines Deutschlands unter Naziführung früh kommen sehen und war rechtzeitig in die USA emigriert. Dort forscht und lehrt er in Princeton und stürzt sich in das ein oder andere amouröse Abenteuer und gerät dadurch unwissentlich zwischen die Fronten der Amerikaner und Russen, die mit Hochdruck an der Atombombe forschen.

Einstein versucht den Verzweifelten in Europa zu helfen und versendet viele Empfehlungsschreiben, um ihnen eine Einreise in die USA zu ermöglichen. Zu seinem Sohn Eduard jedoch, der schon seit langem in Burghölzi in der Schweiz in einer psychiatrischen Klinik lebt, hat er seit Jahren keinen Kontakt.

Steffen Schroeder konnte viele bis jetzt unveröffentlichte Briefe und Dokumente einsehen, da er väterlicherseits mit Max Planck verwandt ist. Dieses Wissen nutzt der Autor und führt uns ganz nah an die historischen Figuren heran. Er schreibt so leicht und teils anekdotisch über eine schreckliche Zeit, dass neben allem Leid und der Zerstörung doch die Hoffnung und Würde der einzelnen Personen im Gedächtnis bleiben.

Ein ganz faszinierendes Buch, auch für alle die sich mit der Erfassung physikalischer Probleme etwas schwer tun..

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Martin Muser: Weil

Lesetipp von Andreas Mahr - 11.02.2023

Spannender Psychothriller für Jugendliche ab 14, Carlsen, 13,00 €

Fünf Jugendliche die kurz vor dem Abitur stehen wollen ein Lernwochenende in einem Ferienhaus in der Provinz abhalten. Alle fünf haben als Prüfungsfach Ethik und das Thema soll auch im Mittelpunkt des Wochenendes stehen. Keiner von Ihnen ahnt wie sehr... .
Es beginnt schon auf der Hinfahrt, sie nehmen einen jugendlichen Anhalter mit, der höchst fragwürdige politische und rassistische Parolen von sich gibt. Als sie an einer Tankstelle für eine Pinkelpause halten, fahren sie ohne ihren Anhalter weiter und schmeißen wenig später seine Tasche aus dem fahrenden Auto. Damit ist die Geschichte für die Gruppe eigentlich erledigt, doch einige Stunden später steht der Anhalter mit seinem Bruder und einem Freund vor der Tür und sie sind bewaffnet... .

Ein packender, intelligenter Jugendroman über Angst, Macht und Hilflosigkeit.

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Michaël Escoffier: Palomino

Lesetipp von Sigrid Lemke - 09.02.2023

Aus dem Französischen von Bettina Bach
Bilderbuch ab 4 Jahren, mixtvision, 16,00 €

Palomino ist ein ganz normales junges Pony, mit ganz normalen Wünschen. Zum Beispiel ein eigenes Mädchen, seine beste Freundin Arizona hat ja schließlich auch eins. Doch leider sind Palominos Eltern gar nicht begeistert von der Idee, denn Mädchen machen sehr viel Arbeit, sie müssen gefüttert und gewaschen werden und die Haare regelmäßig gebürstet. Wer soll das alles leisten? Palomino lässt sich aber nicht beirren und begibt sich auf die Suche...

Ein herrlich verrücktes Bilderbuch mit einem überraschendem Perspektivwechsel.

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Cornelia Franz: Wildesland

Lesetipp von Annette Quest - 03.02.2023

Jugendbuch ab 10 Jahren, Gerstenberg, 15,00 €

Schon wieder gibt es Streit. Diesmal, weil Matthis mit einer Steinschleuder auf die Radkappe eines Autos schießen wollte. Sein Vater stoppt das Auto und möchte, dass er den restlichen Weg zur Ferienwohnung zu Fuß geht. Matthis ist wütend, er schreit und flucht, will seine Familie nie mehr wiedersehen, selbst seinen kleinen Bruder Benni nicht.
Doch dann kommt das Auto von der Straße ab und rutscht den Abhang herunter. Natürlich wählt Matthis die Notrufnummer. Aber gleichzeitig trifft er eine Entscheidung: Da er seiner Familie offensichtlich nichts als Unglück bringt, will er nie mehr zu ihr zurückkehren.

Damit beginnt für ihn und seine Hündin Tara ein spannendes Survival-Abenteuer mitten im 'Vildtland' in Norwegen. Und das ist so realistisch und lebendig beschrieben, dass man den Eindruck hat, man wäre mit dabei. Wie er sich auf den Wald und seine Geräusche einlässt, Beeren und Pilze sammelt, lernt, Fische zu fangen und mit einer Plastikflasche Feuer zu machen. Und wie er sich notgedrungen mit sich selbst auseinandersetzt.

Vielleicht wäre die Geschichte allerdings ganz anders ausgegangen, wäre er nicht der rätselhaften Jule begegnet ...

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Etel Adnan: Die Stille verschieben

Lesetipp von Annette Quest - 22.01.2023

Aus dem Englischen von Klaudia Ruschkowski
Erzählungen, Edition Nautilus, 22,00 €

Gerade haben wir in unserem Literaturkreis 'IndieBooks', in dem wir uns über Bücher kleiner unabhängiger Verlage austauschen, 'Die Stille verschieben' von Etel Adnan entdeckt. 'Shifting the Silence' ist der Originaltitel, und es ist das letzte Buch der am 14. November 2021 verstorbenen Autorin und Malerin.

Und eben dies, 'shifting the silence', tut Adnan in ihren berührenden poetischen Textfragmenten, die manchmal auf mich so konkret und persönlich wirken wie Tagebucheinträge, manchmal aber auch wie philosophische Gedichte. Etel Adnan hält inne, spürt in sich hinein und bewegt das, was sie dort findet. Sie reflektiert ihr Leben, ihr Altern und ihr Wissen um den nahen Tod. Auch die Welt mit ihrem technischen Fortschritt, ihren Kriegen, dem Klimawandel findet Einlass in ihre Gedanken. Dabei bleibt die Atmosphäre selten traurig, immer wieder öffnet Adnan das Fenster zum weiten Ozean, zum fernen Berg Tamalpais, zum geheimnisvollen Nachthimmel, zu einer tröstlichen göttlichen Ewigkeit. Oder aber die Autorin kehrt plötzlich aus ihren abstrakten Gedanken zurück ins Hier und Jetzt und verkündet: „Ein Stück Brot, etwas Käse, in aller Ruhe, ist es das, was uns zum Göttlichen führt? Warum nicht?!"

Für mich ist dieses Buch eine Art Meditation, die ich sowohl als Gedankenstrom auf mich wirken lassen oder aber sie in einzelnen Auszügen lesen kann. Denn es ist wie ein immerwährendes Hin- und Herwälzen, ein Umschichten und Verschieben, das rauscht wie das Meer.

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Markus Bennemann: Böse Bäume

Lesetipp von Sönke Christiansen - 18.01.2023

Roman , Goldmann, 18,00 €

Markus Bennemann: Böse Bäume

Die Begeisterung für unseren Wald ist derzeit groß. Er muss erhalten und geschützt werden, nicht zuletzt um uns selber zu schützen.
Seit Peter Wohllebens Buch "Das geheime Leben der Bäume" wird der Blick auf den Wald zunehmend menschlich verklärt: Die Bäume sind nun eine große Familie mit Brüdern und Schwestern, die auf sich aufpassen und gegenseitig beschützen.

Nun also einmal das Gegenteil, sozusagen "Das gemeine Leben der Bäume".
Kenntnisreich und mit viel Spass an der Formulierung beschreibt Markus Bennemann, was Bäume auch noch drauf haben:

- Sie legen Feuer, um andere Baumarten zu vertreiben und selbst frische Nährstoffe zu erhalten
- Sie versprühen Gift, damit in ihrem Umkreis keine andere Pflanze wachsen kann
- Sie kappen die Wurzeln fremder Bäume
- Sie schicken Ameisen los, um fremde Bäume zu schädigen etc...

Die Natur ist sehr erfinderisch, wenn es darum geht, dass sich eine Art Vorteile gegenüber einer anderen Art verschaffen kann.
Mit menschlichen Kriterien wie Gut und Böse kommen wir da schnell an unsere Grenzen.
Ein informativer Lesespass für alle Baum- und Naturliebhaber.

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Michel Friedman: Fremd
von Michael Keune, 15.11.2022

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Amor Towles: Lincoln Highway
von Andreas Mahr, 31.10.2022

Tessa Hadley: Freie Liebe
von Sybille Kramer, 30.10.2022

Cornelia Funke: Ein Engel in der Nacht
von Ella Klees, 29.10.2022

Katja Ludwig: Ellie & Oleg - außer uns ist keiner hier
von Annette Quest, 28.10.2022

Christian Duda: Baumschläfer
von Andreas Mahr, 25.10.2022

Ralf Rothmann: Die Nacht unterm Schnee
von Sönke Christiansen, 29.09.2022

Lauren Groff: Matrix
von Eva Lorenzen, 21.09.2022

Catherine Cusset: Die Definition von Glück
von Susanne Sießegger, 13.09.2022

Varsha Shah: Ajay und die Tintenhelden
von Annette Quest, 04.09.2022

Silke Schlichtmann: Reißaus mit Krabbenbrötchen
von Sigrid Lemke, 03.09.2022

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