Lesetipp von Julie Hell - 15.05.2020
Aus dem Englischen von Birgitt Kollmann
Jugendbuch, Hanser Verlag, 15,00 €
Als Cymbelines Lehrerin ankündigt, dass sie ab Montag mit dem Schulschwimmen anfangen, erzählt er es seiner Mutter nicht, da die doch immer so komisch wird, wenn es ums Schwimmen geht.
Als Cym zu einem Wettschwimmen herausgefordert wird, verschweigt er, dass er überhaupt nicht schwimmen kann. Schließlich wäre das peinlich und sooo schwierig kann schwimmen ja wohl auch nicht sein. Also springt Cym ins Wasser. Und ertrinkt fast.
Dass seine Mutter daraufhin in eine Krise stürzt, überrascht ihn dann doch, denn schließlich ist ihm nichts Schlimmes passiert. Außer, dass seine ganze Klasse ihn ohne Badehose gesehen hat.
Ein tolles Buch ab 10 Jahren, das von einer Mutter-Sohn-Beziehung erzählt und sich einfühlsam, klug und lustig den Themen wie Überwindung von Angst, Freundschaft und Familie widmet. Auch für „Erwachsene" sehr zu empfehlen!
Lesetipp von Nicole Christiansen - 30.04.2020
Roman, S. Fischer, 21,00 €
Dresden in den Fünfzigern! Ein Antiquar, der schon als Neugeborener auf Büchern gebettet wurde, avisiert in der DDR zu einem hochgeschätzten Intellektuellen, ein Original, belesen wie kein zweiter. Der Salon von Norbert Paulini wird schnell zu einem Treffpunkt, wo Büchermenschen Schätze heben und diese stapelweise nach Hause tragen.
Privat läuft es bei unserem völlig vergeistigten Helden nicht so erfolgreich. Er entscheidet sich für die falsche Frau und das hat Folgen.
Ich schwelgte beim Lesen in Anekdoten über Döblin, Tschechow, E.T.A. Hoffmann oder über Thomas Mann und störte mich auch nicht an dem etwas "altbackenen" Schreibstil, in dem die Geschichte eingeleitet wird. Und prompt war ich dem Autor Ingo Schulze auf den Leim gegangen, der in seinem 300 Seiten starken Roman ein raffiniertes Konstrukt von Perspektivwechseln aufgebaut hat, was den Roman „Die rechtschaffenen Mörder" zu einer echten literarischen Entdeckung werden lässt.
Im zweiten Teil der Geschichte kommt nämlich die Wende. 1989/90 nimmt Norbert Paulini nicht an der friedlichen Revolution teil, hält Politisches für Zeitverschwendung und driftet dabei immer mehr nach rechts ab. Ein Feingeist verwandelt sich in einen Rechtsradikalen! Ingo Schulze, der 1962 in Dresden geboren wurde, ist ein genauer Beobachter und ein großartiger Autor, dessen neues Buch ich Ihnen sehr empfehlen möchte.
Lesetipp von Eva Lorenzen - 29.04.2020
Aus dem amerikanischen Englisch von Tanja Handels
Roman, S. Fischer, 22,00 €
Mit einem fünfeinhalb Meter langen Alligator fängt sie an und mit demselben
fünfeinhalb Meter langen Alligator endet die Geschichte.
Dazwischen wird in vielen Episoden aus dem Leben zweier weitverzweigter Familien erzählt, eine schwarz und die andere weiß und letztlich fügt sich alles zu einem großen Familienportrait zusammen.
Der Roman beginnt in den USA der 60er Jahre, mit dem alltäglichen Rassismus,
der Bürgerrechtsbewegung, dem Vietnamkrieg, thematisiert die Aufstiegschancen durch eine gute Bildung, die Fragen der Klassenzugehörigkeit und reicht bis in die Zeit der Obama-Regierung.
Die Amerikanerin Regina Porter ( Jahrgang 1966) begleitet Agnes Christie und
James Vincent durch deren Leben, Lieben und durch verpasste Chancen.
Sie zeigt auf, wie ein frühes Trauma eine ganze Familie beeinflussen kann,
direkt und indirekt.
Ein tolles, aktuelles Buch, mit einem Personenregister versehen - sehr hilfreich,
um nicht den Überblick über die Protagonisten zu verlieren.
Lesetipp von Sönke Christiansen - 26.04.2020
Aus dem Französischen von Kirsten Gleinig
Roman, mareverlag, 24,00 €
Wie schon in ihrem ersten Roman „Herz auf Eis" führt uns Isabelle Autissier mit ihrer Romanhandlung in die Kälte. Nur diesmal nicht ins Südpolarmeer sondern in den Norden Russlands, nach Murmansk.
Wir lernen zuerst Juri kennen, der in Murmansk seine Kindheit und Jugend verbrachte, aber nach der Öffnung Russlands in die USA ging und dort an einer Universität Professor für Ornithologie ist.
Aus seiner alten Heimat erreicht ihn die Nachricht, dass sein harter und despotischer Vater Rubin, zu dem er zeitlebens nie eine engere Beziehung aufbauen konnte, im Sterben liegt und ihn sehen möchte. Rubin bittet seinen Sohn nach dem Schicksal von Klara, Rubins Mutter und Juris Großmutter, zu forschen, die im Zuge der stalinistischen Säuberungen Anfang der 50er Jahre vor den Augen des 6-jährigen Rubin verhaftet wurde und seitdem als verschollen gilt.
Isabelle Autissier erzählt eine sehr russische schicksalhafte Geschichte dreier Generationen, beginnend in der Ära Josef Stalins bis in die heutige Zeit, erzählt mit viel warmherziger Liebe und Nähe zu ihren Figuren und mit – trotz aller Härte im Geschehen – immer wieder wunderbaren und stimmungsvollen Naturbeschreibungen.
Lesetipp von Maike Arndt - 04.03.2020
Aus dem Französischen von Claudia Marquardt
Roman, S. FISCHER, 20,00 €
Nachdem Solène mit ansehen muss, wie sich ihr Mandant im Gerichtsgebäude in die Tiefe stürzt, fühlte sie sich, als ob „ihr Leben in Stücke gesprengt" wurde. Sie erleidet ein Burn-out und muss für Wochen in eine Klinik. Bestückt mit Antidepressiva versucht sie, wieder in ihrem Leben Fuß zu fassen. Ihr Psychiater rät ihr zu einem Ehrenamt, und so wird sie Schreiberin im Haus der Frauen, einem Ort der Zuflucht für Frauen unterschiedlicher Herkunft, die unter menschenverachtende Bedingungen leben mussten.
Solène beginnt, sich für die Gründerin dieses Hauses zu interessieren. Und so geht sie mit uns zurück in das Jahr 1925 in Paris und erzählt die Geschichte von Blanche Peyron, einer mutigen und unerschrockenen Frau, die die Bewegung der Heilsarmee gegen viele Widerstände in Frankreich etablierte. Und die mit all ihrer Kraft für die Errichtung des Palastes der Frauen kämpfte, der 1926 eingeweiht wurde.
Mich hat der Roman sehr bewegt. Der Einblick in die Gründungszeit der Heilsarmee und die beeindruckende Geschichte von Blanche Peyron, die getrieben war von dem Bedürfnis, Menschen am Rande der Gesellschaft zu helfen, haben mir eine neue Sicht auf diese christliche Organisation mit ihrem sozialen Engagement für alle Notleidenden, „ohne Ansehen der Person", gewährt. Es ist eine ergreifende und nachhaltige Geschichte, die nicht nur diejenigen begeistern wird, die schon den vorangegangenen Roman „Der Zopf" gerne gelesen haben.
Lesetipp von Susanne Sießegger - 25.02.2020
Aus dem Englischen von Barbara Christ
Roman, Schöffling & Co., 22,00 €
Andrea Bern ist 39, lebt in New York, arbeitet in einer Agentur, ist eigentlich Künstlerin, hat ein ausschweifendes Ausgehverhalten und ein leicht verkorkstes Liebesleben. Sie ist kinderlos. Und Single. Für die beiden letztgenannten Attribute muss sie sich tatsächlich rechtfertigen. Immer noch, in der heutigen Zeit, in der Großstadt New York.
Andrea geht ihren Weg kompromisslos, wild und unkonverntionell. Als dann die Freundinnen und ihr Bruder Familien gründen, muss sie sich immer wieder erklären. Und das ärgert sie.
Wie in "Die Middlesteins" erweist sich die 49-jährige US-Autorin wiederum als Meisterin des Familienromans.
Als Andreas Mutter nämlich New York verläßt, um Andreas Bruder und dessen Frau und deren todkranker Tochter beizustehen, hebt Attenberg die Geschichte noch mal auf eine andere Ebene, die familiäre oder auch eine allgemeine: Es geht zunehmend auch um die Frage, was sie wirklich vom Leben will und wie nah sie ihrer Familie sein möchte. So wird "Nicht mein Ding" zum Entwicklungsroman. Wird Andrea ihre Ablehnung von Familie und Kindern aufgeben?
Toller Roman, interessante Figuren, lesen!
Adam Baron: Freischwimmen
von Julie Hell,
15.05.2020
Ingo Schulze: Die rechtschaffenen Mörder
von Nicole Christiansen,
30.04.2020
Regina Porter: Die Reisenden
von Eva Lorenzen,
29.04.2020
Isabelle Autissier: Klara vergessen
von Sönke Christiansen,
26.04.2020
Laetitia Colombani: Das Haus der Frauen
von Maike Arndt,
04.03.2020
Jami Attenberg: Nicht mein Ding
von Susanne Sießegger,
25.02.2020
Yves Grevet: VRONT - Was ist die Wahrheit?
von Andreas Mahr,
24.02.2020
James Wood: Upstate
von Michael Keune,
03.02.2020
Josef H. Reichholf: Das Leben der Eichhörnchen
von Sigrid Lemke,
22.01.2020
Janet Lewis: Der Mann, der seinem Gewissen folgte
von Eva Lorenzen,
21.01.2020
Margaret Atwood: Die Zeuginnen
von Julie Hell,
10.01.2020
Sophie Calle: Das Adressbuch
von Dilek Arslanlar,
09.01.2020
Claire Lombardo: Der größte Spaß, den wir je hatten
von Susanne Sießegger,
07.01.2020
Andrew Cartmel: Murder Swing
von Sönke Christiansen,
02.12.2019
Erik Fosnes Hansen: Ein Hummerleben
von Sigrid Lemke,
27.11.2019
Adrian McKinty: The Chain - Durchbrichst du die Kette, stirbt dein Kind
von Andreas Mahr,
22.11.2019
Gregor Sander: Alles richtig gemacht
von Eva Lorenzen,
28.10.2019
Ulrich Alexander Boschwitz: Menschen neben dem Leben
von Michael Keune,
21.10.2019
Daniel Mason: Der Wintersoldat
von Julie Hell,
15.10.2019
Eduardo Halfon: Duell
von Dilek Arslanlar,
30.09.2019
Isabel Bogdan: Laufen
von Susanne Sießegger,
26.09.2019
Stig Sæterbakken: Durch die Nacht
von Michael Keune,
11.09.2019
Claus-Peter Lieckfeld: Die Flucht des großen Jägers
von Sönke Christiansen,
30.08.2019
Esi Edugyan : Washington Black
von Andreas Mahr,
26.08.2019
Norbert Scheuer: Winterbienen
von Sigrid Lemke,
31.07.2019
Katerina Poladjan: Hier sind Löwen
von Ingrid Fiedler,
26.07.2019
Dinah Jefferies: Die Saphirtochter
von Julie Hell,
15.07.2019
L.P. Hartley: Ein Sommer in Brandham Hall
von Susanne Sießegger,
26.06.2019
Heinz Bude: Solidarität
von Sönke Christiansen,
25.06.2019
Don Winslow: Jahre des Jägers
von Andreas Mahr,
29.05.2019
Leïla Slimani: All das zu verlieren
von Nicole Christiansen,
28.05.2019
Caroline Eden: Schwarzes Meer. Ein Reise- und Kochbuch
von Nicole Christiansen,
28.05.2019
Rolf Dieckmann: Es sind Wölfe im Wald
von Sigrid Lemke,
02.05.2019
Lars Mytting: Die Glocke im See
von Julie Hell,
24.04.2019
Doris Knecht: weg
von Eva Lorenzen,
17.04.2019
Adriana Altaras: Die jüdische Souffleuse
von Ingrid Fiedler,
02.04.2019
Nell Leyson: Der Wald
von Susanne Sießegger,
27.03.2019
Daniela Krien: Die Liebe im Ernstfall
von Dilek Arslanlar,
25.03.2019
Barack Obama : Wo wir stehen
von Sönke Christiansen,
20.03.2019
Alex Rühle: Zippel, das wirklich wahre Schlossgespenst
von Andreas Mahr,
27.02.2019
Julian Barnes: Die einzige Geschichte
von Nicole Christiansen,
21.02.2019
Mathijs Deen: Unter den Menschen
von Sigrid Lemke,
01.02.2019
Kristin Hannah: Liebe und Verderben
von Ingrid Fiedler,
29.12.2018
Christian Berkel: Der Apfelbaum
von Michael Keune,
28.11.2018
Dennis Lehane: Der Abgrund in dir
von Nicole Christiansen,
30.10.2018
Melanie Levensohn: Zwischen uns ein ganzes Leben
von Ingrid Fiedler,
18.10.2018
Sven Stricker: Sörensen fängt Feuer
von Sigrid Lemke,
11.10.2018
James Baldwin: Beale Street Blues
von Michael Keune,
28.09.2018
Honoré de Balzac: Ein Abglanz meines Begehrens
von Nicole Christiansen,
26.09.2018
Chan Ho-kei: Das Auge von Hongkong
von Sönke Christiansen,
19.09.2018
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