Die letzten Empfehlungen aus dem Team

Steven Herrick: Wir beide wussten, es war was passiert

Lesetipp von Andreas Mahr - 29.08.2016

Uwe-Michael Gutzschhahn
Jugendbuch ab 13 Jahren, Thienemann-Esslinger, 14,99 €

Billy hält es zuhause nicht mehr aus. Sein Vater trinkt und misshandelt ihn und Freunde hat er auch keine. Also lässt er alles hinter sich, klaut dem verhassten Vater den letzten Tropfen Alkohol und Zigaretten und macht sich auf den Weg. Wohin das weiß er nicht. Hauptsache weg von dort. Einige Zeit trampt er in offenen Zügen umher, bis er in einem kleinem Ort ankommt, in dem er sich wohlfühlt. In einem verlassenen Güterwaggon richtet er sich häuslich ein. Sein Nachbar - ein alter Tramp namens Old Bill - unterweist ihn in den Geheimnissen der Obdachlosigkeit. Die Tage verbringt Bill damit, morgens Obst von den Obstplantagen zu stehlen, nachmittags in die Bibliothek zu gehen, und abends bei McDonalds die Essensreste von den Tabletts zu holen. Dort trifft er auf Caitlin, die es eigentlich nicht nötig hätte zu arbeiten, da die Familie Geld hat, aber sie möchte ihre Unabhängigkeit beweisen. Obwohl die beiden nicht unterschiedlicher sein könnten, passiert es, sie verlieben sich.

Steven Herrick hat ein wundervolles Buch über die Liebe, die sich über alle Grenzen hinwegsetzt, geschrieben. Insbesondere die Form macht dieses Buch zu einem ganz speziellen Lesevergnügen. Es ist in Versform verfasst und die Protagonisten wechseln sich im Erzählen ab, so dass ein komplexes Bild dieser Beziehung entsteht.

Barbara Beuys: Helene Schjerfbeck. Die Malerin aus Finnland

Lesetipp von Ingrid Fiedler - 27.08.2016

Biographien, Insel Verlag , 29,90 €

In Skandinavien wird sie als eine der bedeutendsten Malerinnen des 20. Jahrhunderts gefeiert. Ich habe von ihr und ihren Bildern (Porträts, Selbstporträts und Stillleben u.a.) zum ersten Mal erfahren, als ich 2001 in der Hamburger Kunsthalle eine Ausstellung gesehen habe und die ausgestellten Bilder von ihr bewundern konnte. In einer Rezension hieß es damals, dass es dringend an der Zeit sei, Helene Schjerfbeck in den Kanon europäischer Kunstgeschichtsschreibung aufzunehmen.

Jetzt hat Barbara Beuys ihr stürmisches und dramatisches Leben in einer mit zahlreichen Abbildungen versehenen Biografie festgehalten. Bereits im Alter von 11 Jahren machte Helene Schjerfbeck durch geniale Zeichnungen auf sich aufmerksam. Ihre erste Ausbildung erhält sie dann in der Zeichenschule der Finnischen Kunstgesellschaft. 1880 geht sie nach Paris wo sie an einer privatgeführten Kunstschule, an der auch Frauen zugelassen sind, studiert. Als 27-jährige gewinnt sie mit ihrem Gemälde "Die Genesende" (ein Porträt eines am Tisch sitzenden kleinen Mädchens) auf der Pariser Weltausstellung von 1889 die Bronzemedaille. Nachdem sie sich weigert ihre Malerei in den Dienst des Finnischen Nationalismus zu stellen, zieht sie sich zurück und lebt mit ihrer Mutter jahrelang bescheiden in einer finnischen Kleinstadt. Ihre Art zu malen wird immer reduzierter.

Barbara Beuys schildert sehr einfühlsam das gesamte Leben von Helene Schjerfbeck. Ihre schwierige Kindheit - ihr Sturz von der Treppe, der frühe Tod des Vaters, ein tristes und schwermütiges Elternhaus und die geplatzte Verlobung - haben ihr weiteres Leben geprägt. 2015 zeigte die Schirn Kunsthalle Frankfurt mehr als 85 Gemälde und Arbeiten auf Papier aus nahezu allen Schaffensperioden der Malerin zwischen 1879 und 1945. Barbara Beuys lässt den Leser in ihrer Biografie am  bewegten Leben dieser beeindruckenden Malerin teilnehmen. 

Bret Anthony Johnston : Justins Heimkehr

Lesetipp von Michael Keune - 18.08.2016

Sylvia Spatz
Roman, C.H.Beck , 21,95 €

Was ist inzwischen passiert mit der kleinen Familie in Texas, als der ältere Sohn nach vier Jahren gefunden wird und zwar ganz in der Nähe des kleinen Ortes. Justin Campbell ist entführt worden. Alles wurde damals in Bewegung gesetzt, doch weder die Polizei noch die Familie konnten den Jungen ausfindig machen. Der Vater, ein Lehrer, leidet sehr; gab es doch viele Gemeinsamkeiten mit seinem Sohn. Die Mutter sucht Ablenkung im Sea Lab, einer Auffangstation für gestrandete Delphine und Griff, der jüngere Sohn verliert die Lust am Sport, sprich Skaten. Kann nach den Jahren alles wie früher werden oder ist der Wiedergefundene doch verloren, denn da sind Veränderungen bei Justin zu spüren. Und was geschieht mit dem Täter Dwight Harrell, der zwar verhaftet und vor Gericht gestellt wird, aber auf nicht schuldig plädiert.

B. A. Johnston hat diesen Debütroman sehr sensibel aufgebaut, er kann die einzelnen Charaktere faszinierend beschreiben und erweckt dadurch eine leise Spannung, die dieses Buch besonders auszeichnet.

Jenny Han: To all the boys I' ve loved before

Lesetipp von Susanne Sießegger - 28.07.2016

Birgitt Kollmann
Jugendroman, Hanser, 16,00 €

Bereits vor Erscheinen in diversen Blogs gehypt, mit Spannung erwartet und nun endlich auf deutsch erschienen ist das neue Buch von Jenny Han.

Lara Jean ist eigentlich ein ganz normales Mädchen mit unaufälligem Liebesleben. Sicher, sie war schon 5 mal unsterblich verliebt, aber davon weiß nur sie, einen Freund hatte sie bisher nicht. Sie schreibt Abschiedsbriefe, wenn die Verliebtheit abklingt, und verwahrt sie in einer Hutschachtel. Natürlich sollen diese Briefe, mit den sie sich alles von der Seele schreibt, ihr Geheimnis bleiben. Doch eines Tages gelangen diese Briefe auf rätselhafte Weise an die 5 Empfänger (darunter auch der Freund ihrer großen Schwester…) und Lara Jeans Leben gerät natürlich völlig durcheinander!

Liebenswerte Charaktere und eine humorvolle Sprache machen aus dem Coming-of-Age-Roman eine wundervoll unterhaltsame Sommerlektüre, denn Jenny Han, die sicher viele durch die Sommer-Trilogie kennen, trifft Sprache und die Themen der Jugendlichen genau. Nicht umsonst ist sie eine der beliebtesten US-Autorinnen.

Paula Fürstenberg: Familie der geflügelten Tiger

Lesetipp von Lisa Kurth - 26.07.2016

Roman, Kiepenheuer&Witsch, 18,99 €

Paula Fürstenberg: Familie der geflügelten Tiger

Die 19jährige Johanna zieht aus der Uckermark nach Berlin um Straßenbahnfahrerin zu werden. Sie liebt die Eindeutigkeit von Straßenplänen und Schienenwegen und fährt ihre Runden, immer darauf gefasst, dass irgendwo unter den Passanten ihr Vater gehen könnte. Erkennen würde sie ihn nicht, denn er hatte wenige Jahre nach Johannas Geburt rüber gemacht. Sagt jedenfalls die Mutter. 

Als ihr Vater unerwartet Kontakt zu ihr aufnimmt, will Johanna um jeden Preis erfahren, was damals wirklich geschehen ist. Aber weder der Vater, noch andere neu auftauchende Familienmitglieder können ihr die Wahrheit liefern.

Paula Fürstenberg braucht nur wenige Worte, um komplexe Gefühlslagen greifbar zu machen. Und so können wir gut nachvollziehen, was diese Suche für Johanna bedeutet. Und wie sie statt der Wahrheit herausfindet, dass zum Erwachsen werden manchmal gehört, Mehrdeutigkeiten auszuhalten.

Ein Buch, dass ich vor allem jungen Erwachsenen ab 16 Jahren empfehlen möchte, die vielleicht auch gerade ihre Eltern aus einem neuen Blickwinkel betrachten und sich für das Thema DDR interessieren.

Es erscheint am 11. August.

Judith Hermann: Lettipark

Lesetipp von Dilek Arslanlar - 16.07.2016

Erzählungen , S.Fischer, 18,99 €

„Lettipark“ heißt der neue Erzählband von Judith Hermann. Er umfasst 17 Stücke, die kürzeste gerade mal 6 Seiten, die längste 12 Seiten lang. Sie tragen Überschriften wie „Kohlen“ „Gehirn“ oder eben „Lettipark“ und handeln von ganz unterschiedlichen Menschen.

Judith Hermann erzählt auf wenigen Seiten von einem einzigen, für das weitere Leben bestimmenden Moment. Sie schafft stille zwischenmenschliche Szenen, die nur aus einer Berührung, einem Blick oder einem zufälligen Aufeinandertreffen bestehen, und sie lässt damit zugleich ganze Biografien aufscheinen, deren Anfang und Ende sie offen lässt.

Was geschieht, wenn wir jemandem begegnen?, Wie verändert sich das Leben durch einen einzigen Moment? lauten die zentrale Fragen, die sich hinter den Geschichten von Judith Hermann verbergen.
Da gibt es einen Blick beim Abendessen, der ein Paar erkennen lässt, dass es an einer Grenze angelangt ist und es noch einmal gezwungen sein wird, eine Entscheidung zu treffen. Da gibt es den Besuch beim Vater, ein bis zweimal im Jahr, und eine Situation, die es einzuprägen gilt, um sie Jahre später wieder hervorzuholen und möglicherweise anders zu verstehen.

Die Kurzgeschichten in diesem Erzählband spielen mit Andeutungen, Aussparungen, Auslassungen, die zum Weiterdenken und zum Lesen zwischen, hinter und vor den Zeilen auffordern. Denn das Eigentliche in diesen bedeutungsstarken Kurzgeschichten findet sich immer in dem nicht Gesagten. Die Auslassungen sind es, die das Schicksal der Figuren auf beeindruckende Weise erzählen.

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von Ingrid Fiedler, 27.08.2016

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Gina Bucher: Ich trug ein grünes Kleid, der Rest war Schicksal. Geschichten von der Liebe
von Nicole Christiansen, 29.06.2016

Henrik Takeda: Inspektor Takeda und die Toten von Altona
von Sigrid Lemke, 29.06.2016

Jean-Philippe Blondel: This is not a love song
von Ingrid Fiedler, 29.06.2016

André Heller: Das Buch vom Süden
von Michael Keune, 28.05.2016

Gernot Gricksch: Ghetto Bitch
von Andreas Mahr, 28.05.2016

David Graeber: Bürokratie
von Lisa Kurth, 28.05.2016

Boris Meyn: Elbtöter
von Sigrid Lemke, 28.04.2016

Juli Zeh: Unterleuten
von Antje Höft, 28.04.2016

Claudia Schreiber: Solo für Clara
von Susanne Sießegger, 27.04.2016

Isabel Bogdan: Der Pfau
von Nicole Christiansen, 23.03.2016

Andreas Pflüger: Endgültig
von Andreas Mahr, 22.03.2016

Tom Cooper: Das zerstörte Leben des Wes Trench
von Sönke Christiansen, 21.03.2016

Karen Duve: Macht
von Lisa Kurth, 25.02.2016

David Grossmann: Kommt ein Pferd in die Bar
von Michael Keune, 23.02.2016

Anne Gesthuysen: Sei mir ein Vater
von Ingrid Fiedler, 22.02.2016

Chelsey Philpot: Ein anderes Paradies
von Susanne Sießegger, 28.01.2016

Sven Stricker: Sörensen hat Angst
von Sigrid Lemke, 27.01.2016

Navid Kermani: Einbruch der Wirklichkeit. Auf dem Flüchtlingstreck durch Europa
von Antje Höft, 27.01.2016

Junius: Mit ganz viel Hamburg durch das Jahr
von Nicole Christiansen, 29.12.2015

Jenny Erpenbeck: Gehen, ging, gegangen
von Nicole Christiansen, 28.12.2015

John Niven: Old School
von Andreas Mahr, 27.12.2015

Mira Jacob: Die Aufforderung des Schlafwandlers zum Tanz
von Lisa Kurth, 30.11.2015

Gloria Goldreich: Die Tochter des Malers
von Ingrid Fiedler, 29.11.2015

Joachim Meyerhoff: Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke
von Michael Keune, 28.11.2015

Meg Wolitzer: Was uns bleibt ist jetzt
von Susanne Sießegger, 30.10.2015

Neil MacGregor: Deutschland. Erinnerungen einer Nation
von Antje Höft, 29.10.2015

Lena Gorelik: Null bis unendlich
von Sigrid Lemke, 20.10.2015

Anna Grue: Die Wurzel des Bösen
von Sigrid Lemke, 25.09.2015

Marceline Loridan-Ivens: Und du bist nicht zurückgekommen
von Nicole Christiansen, 24.09.2015

Shumona Sinha: Erschlagt die Armen!
von Antje Höft, 21.09.2015

Mirna Funk: Winternähe
von Nicole Christiansen, 27.08.2015

Ursula Poznanski: Layers
von Susanne Sießegger, 26.08.2015

Alina Bronsky: Baba Dunjas letzte Liebe
von Antje Höft, 25.08.2015

Sascha Reh: Gegen die Zeit
von Antje Höft, 04.08.2015

John Corey Whaley: Das zweite Leben des Travis Coates
von Andreas Mahr, 07.07.2015

Michael Degen: Der traurige Prinz
von Michael Keune, 07.07.2015

Ralf Rothmann: Im Frühling sterben
von Nicole Christiansen, 24.06.2015

Don Winslow: Das Kartell
von Andreas Mahr, 22.06.2015

Vea Kaiser: Makarionissi oder Die Insel der Seligen
von Antje Höft, 22.06.2015

Anne Tyler: Der leuchtend blaue Faden
von Susanne Sießegger, 30.05.2015

Heinz Rein: Finale Berlin
von Michael Keune, 23.05.2015

Antoine Laurain: Liebe mit zwei Unbekannten
von Ingrid Fiedler, 23.05.2015

Horst Eckert: Schattenboxer
von Sigrid Lemke, 02.05.2015

Ayelet Gundar-Goshen: Löwen wecken
von Antje Höft, 27.04.2015

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