Meine Kindheit das war die Havel, der Wannsee, der Glienicker See, das waren Chausseen und Stoppelfelder, ein Dorf am Rande Berlins. Wir spielten auf autofreien Straßen und tobten durch Villengärten, bauten Flöße und paddelten immer dichter an die Zonengrenze und schielten zu den Vopos hinüber...

Idylle? Vielleicht - hätte es nicht ab und zu Alarm gegeben: „Die Russen kommen", wären da nicht die Demütigungen mancher Lehrer gewesen, nicht die Sorge: was denken die Nachbarn? was berichten sie dem Jugendamt?

Aber ich hatte ja Verbündete: die rote Zora, Fürst Myschkin, Raskolnikov, Graf Öderland. Und es gab die Freiheitsglocken in Berlin. Außerdem las ich, was ich kriegen konnte, baute eine Gegenwelt. Aus dem Rundfunk AFN Berlin (American Forces Network) tönte rock and roll. Das Dorf war entsetzt. Dann kam die Studentenrevolte, ich erlebte sie in vorderster Reihe in Köln. Es wurde Zeit.

Nach langjähriger wissenschaftlicher Tätigkeit an der Universität Hamburg, ich promovierte noch zum Doktor der Philosophie, trat ich auf der Stelle... bis meine Tochter Marie geboren wurde, welch ein Glück! Durch sie entdeckte ich den Reichtum meiner Kindheit wieder: ich entschloss mich zu einer Schauspielausbildung und wendete mich wieder der Literatur zu, der Lyrik , dem Theater und als Fortsetzung der vielen Besuche im Pergamonmuseum in Berlin, den Mythen.

Bücher aus den Literaturkreisen mit Carola Siepmann